Die Vorgeschichte

März-April 2019

Es ist die Idee entstanden eine Kielyacht zu erstehen, die für die Firma als Refit-Projekt genutzt werden kann, um zu zeigen, was man aus einer älteren Yacht machen kann, was technisch heute möglich ist, um auch ein Boot aus den 70er oder 80er Jahren aktuelle Nutzungsmöglichkeiten zu geben.

Man kann ja mal spinnen und mal ein wenig im Netz schauen. Da ich ein wenig Skandinavien-lastig bin und gerade ältere Boote dort oft auch günstig zu bekommen sind (allerdings muss man dann auch immer ein Refit mit einkalkulieren, Skandinavier sehen Boote als Nutzobjekt an, Pflege meist nur auf minimalsten Niveau. (Habe ich schon früh gelernt, als ich gebrauchte Boote in Schweden kaufte und nach Deutschland importierte. Am Telefon die Frage von mir: „ist das Boot im guten Zustand?“ Antwort: „ ja, total. Immer alles gemacht!“ Super, hochgefahren, Boot angeschaut, hmmm, naja, total ausgekreidet, Schrammen, alles ein wenig Schnuddelig… Frage an den Verkäufer: „Du sagtest doch, das Boot ist im guten Zustand?“  Antwort: „ist es doch, alle Beschläge, Leinen etc Ok, was meinst Du?“ hmm:  „Du kennst doch die Deutschen und Ihr Auto?“ der Schwede, „ja, natürlich“- kurzes Überlegen-, „ jetzt weiß ich was Du meinst, jede Woche waschen und polieren (lacht).“ Ich, ja genau (lache mit). Ja so sind wir Schweden nicht….. Danach weiß man dann, worauf man sich einlässt ein schwedisches Schiff zu kaufen, mit viel Eigenarbeit kann man aber schon Geld sparen.

Naja zurück zu 2019: Ich schaute also auf verschiedenen Plattformen, Schiffe ab 10meter LÜA, sollte ja auch ein wenig Platz unter Deck bieten, gerne auch schnell, X-119, Beneteau first, Albin Yachten, aber auch einige Regatta One Offs waren durchaus im Budget aber eher am oberen Rand bis leicht darüber. Alles auch nicht so richtig zündend. Und dann kam SIE, ein echter 9er von 1905, 13,50m LüA inkl. Klüverbaum, bei 2,60m Breite, wenig Freibord, schönes Naturholz an Deck und Aufbau. Erst mal ein wenig Spaß gemacht: „hier, schau mal, das wäre doch mal was…“ Angeschaut, dann weiter gesucht. Dann immer wieder auf die Annonce zurück gekommen.

Hmm, mal Kontakt aufnehmen, nette Mai mit noch mehr Fotos und ein Exposé über die Geschichte des Schiffes, eine paar Mails hin und her. Das Boot hat ja nur wenig Freibord, was hat denn die Kajüte für eine Stehhöhe? Gut 2m (hmm, wie geht das denn?) Segelbilder sehen auch ganz imposant aus.

Ist ja bald Pfingsten, könnte man ja mal einen Ausflug nach Stockholm machen. Gesagt, getan, mit den Verkäufern verabredet, ja Pfingsten Sonntag sind sie da, kein Problem, einer der Eigner hat auch eine Gästewohnung, direkt um die Ecke, perfekt.

Pfingstsamstag dann nochmal kurz in die Firma, Bus packen. Sturm auf die Pier, Lorenz und Julian sind auch da, lass uns schnell nochmal das Boot an der Pier rauskranen, leichter gesagt als getan, so wie das an den Leinen hüpft, aber auch das klappt und um 12 Uhr können wir endlich los.

Die Fahrt geht über die Dörfer nach Puttgarden, in Selent wird noch Räucherfisch beim Fischer gekauft, wir sind die letzten Kunden, dann gleich erstmal Pause, Räucherfisch und selbstgebackenes Brot, Sicht auf den See, herrlich, der Urlaub hat begonnen (es ist 13 Uhr ).

Über Puttgarden-Rödby und Helsingborg-Helsingör geht es bis zum Vättern See wo wir über Nacht stehen bleiben und im Bus übernachten.

Pfingstsonntag dann die letzten 2,5 Stunden nach Stockholm, direkt im Zentrum am Mällaren (Binnensee) liegt Sie, bei der Fahrt über die Brücke zur kleinen (sehr kleinen Insel) in Stockholm liegen schon links und rechts Unmengen an Holzschiffen, Rechts Motorboote, links Segelboote, eine Augenweide.

Treffen auf dem Gefängnis Parkplatz, naja ehemaliges Gefängnis, heute Hotel und Jugendherberge, hier waren wir schon vor 12 Jahren mal bei einem Stockholmbesuch einquartiert, nun ist dies Treffpunkt mit einem der Verkäufern, die Welt ist klein……

Ein kleiner Fußmarsch und wir sind da. Da liegt Sie am Steg, ein bisschen pausbäckig, aber Majestätisch. Der Bugspriet ragt bis auf die Brücke, über diesen steigen wir auf, geht einfacher als gedacht, dann stehen wir an Deck. Was gleich auffällt: die ganzen Lackoberflächen sehen deutlich schlechter aus als auf den Fotos, lediglich das Kajütdach sieht frisch lackiert aus. Kurze Nachfrage beim Verkäufer, ja die Bilder seien von 2004……hmm, naja erst einmal fertig anschauen.

Wir schauen viel zusammen an, dann fragt der Verkäufer ob wir bleiben wollen, dann könnten wir in Ruhe schauen. Das tun wir dann, alle Bodenbretter kommen hoch, Planken, Spanten, Kielsohle, Bodenwrangen werden ausgiebig gepiekt Das ganze Boot ist im original Holz, lediglich ein Bereich im Bug und die oberste Planke am Rumpf sind mal neu gekommen. Eigentlich alles noch knochenhart, OK, 1-2 Bodenwrangen sind im unteren Bereich außen etwas weicher, aber auch nur 12 cm tief, danach ist es sprichwörtlich deutsche Eiche, und davon reichlich. Erstaunlich eben das der Rumpf aus oregon Pine (fast) ebenso hart ist. Das Boot ist von innen auch trocken, OK ein wenig Wasser im Bilgepumpenbereich, die Pumpe springt nach 2 Stunden das erste mal an, fördert 1-1,5 liter Wasser raus, auch nicht wirklich viel.

Das erstaunlichste: wirklich 2 m Stehhöhe, man steht halt gut einen Meter unter Wasser dann Kajütdach 1 m über Wasser, schon ist die Stehhöhe da, das Skylight gibt viel Tageslicht ins innere, kein dunkles Traditionsschiff, ein helle freundliche Kajüte empfängt uns. Urig, natürlich, 114 Jahre  Geschichte.

Trotzdem sind wir Beide anfänglich unsicher, irgendwie anders vorgestellt,  gut, nach ein paar Stunden genug gesehen, erstmal zum 2. Eigner, der hat die Wohnung für usn.  3 Minuten mit dem Auto, 10 Minuten zu Fuß, das ist wirklich um die Ecke.

Pfingstmontag

Nach ausgiebigen Frühstück auf der Dachterrasse des Hauses in dem wir wohnen treffen wir uns um 11 zum Probesegeln, ein Abenteuer wie sich noch rausstellen soll. Wir kommen an Bord, und Stephi und ich sagen hinterher unabhängig voneinander, da wussten wir,  wir wollten Sie.

Gut, erst einmal Seeklar machen, Segelkleider ab, Motor starten, der MB7a von 1974 kommt nach längerem nudeln, läuft etwas holprig,  aber der Eigner weißt an die Leinen u lösen, wir  gehen Rückwärts von der Brücke weg, Wind kommt von vorne frisch, da meint der Motor erstmal wieder Pause zu brauchen, aus, wir treiben mit 23  Knoten auf die Boote der nächsten Brücke zu. Mir gelingt es eine Mooringtonne und deren Leine zu schnappen und die fahrt etwas zu Bremsen, Stepi hält vorne ab, trotzdem kollidieren wir noch leicht mit einer Yacht. Der Eigner ist natürlich aufgeregt und erklärt, das der Motor vor 2 Wochen unter Wasser stand, da wohl die Lenzpumpen nach dem zu Wasser lassen ausgefallen wäre und das ganze Boot etwas tiefer lag (später wissen wir was mit den Lenzpumpen ist, aber dazu später). Aber der Motor wäre von ihnen und Volvoservice überholt worden, würde also laufen. Wir besprechen eine Taktik wie wir Mirella aus diese misslichen Lage befreien, er startet den Motor, wir ziehen Mirella an Booten und Steg längs, wobei ich an Land bleibe und abhalte, eine Leine einer Yacht löse und wieder dicht ziehe. Ich dachte Lasse würde uns erst einmal wieder auf den Liegeplatz bringen m dann den Motor zu testen, er hatte aber mehr vor, fuhr raus aus den Brücken, und der Motor ging wieder aus. Er drückte Stephie die Pinne in die Hand, hier Steuer mal, sprang selbst zum Motor und versuchet alles möglich zum diesen zum Leben zu erwecken, Fehlanzeige. Stephie blieb nur vor dem Wind den engen Kanal runter zu steuern, Ihr war aber schnell klar, d vorne ist die Straßenbrücke über den Kanal, ca. 4m hoch, nichts für Mirella.

Kurze Frage an Lasse, das sah er auch so, griff beherzt zum Steuer und legte einen sehr akzeptablen Anleger am Mastenkran hin.

Uff, ganz schön aufregend. Auch mit Startpilot können wir den Motor nicht zum laufen bringen, d.h. so lange Startpilot kommt läuft der Motor, ohne geht er fast sofort aus. Meine Diagnose: Probleme mit der Sprit Versorgung/Vergaser (stellt sich später als richtig raus). Aber da man ja im Urlaub ist muss man mal nicht gleich alles selber zerlegen. Nun kommt allerdings auch Neugierde bei Lasse und Tomas (den Verkäufern) auf, ob wir denn wirklich Interesse haben?

Haben wir, aber der Zustand der laut den Bildern sehr schön war ist halt jetzt eher auf Erhaltung damit es nicht Schaden nimmt, sprich zum Glück sind Lackschäden immer ausgebessert worden, dadurch wenig schwarze Stellen, aber außer dem Kajütdach ist wohl alles mindestens vor 15 Jahren zuletzt überholt worden, viele Teile (vorne, Cockpit) auch deutlich länger nicht, sprich wir wissen, es kommt viel Arbeit auf die Firma zu, sollten wir dieses Schiff erwerben, denn es soll ein Schmuckstück werden, Klassikertreffen und Regatten wollen wir als Werbeplattform nutzen. Aber Stunden sind teuer und damit stimmt der Preis nicht mehr den wir laut Bildern erstmal in der richtigen Region sahen. Dies teilen wir Lasse so mit, der nicht glücklich, aber auch nicht unverständlich wirkt.

Wir verbringen noch 2 wunderschöne Tage in Stockholm (in denen wir auch mit Tomas die Mirella wieder an Ihren Platz bringen), genießen die Aussicht von unserer herrlichen Dachterrasse, schauen auch ein wenig Stockholm an, und sind noch öfters auf dem Boot, um zu überlegen, was man ändern kann und muss.

Die Rückreise geht in einem Stück, wir sind sicher das wir Mirella haben wollen, wissen aber auch das der Preis stimmen muss, soll es für uns tragbar sein. Wir haben ein Angebot abgegeben bevor wir fuhren, es ist schwer so etwas zu sagen wenn man die Leute so gerne mag, aber wir haben schon viele Kunden erlebt die Zuviel bezahlt haben, weil die Freude auf etwas zu groß war, der Reparaturstau kleingeredet wurde etc.

Ein paar Wochen Mailverkehr hin und her und der Vertrag ist unterzeichnet, Anzahlung getätigt, Mirella ist unsere (wenn bei Übergabe der Motor verlässlich läuft).